Fehlkauf: National Geographic Special “Geheimbünde”

Ich bin ja schon immer ein Freund der konspirologischen Sicht der Dinge gewesen. Viele Crackpot-Klassiker über diese oder jene Weltverschwörung habe ich mit wohligem Schaudern gelesen. Für mich fallen diese Werke in etwa in die gleiche Kategorie wie billige Science-Fiction. Als Trash-Liebhaber kann man sie also durchaus goutieren.

Aber auch wenn man sich allein an den historisch verbürgten Teil des Themas hält,  ist es spannend genug. Geheimbünde existieren, seit der Mensch so etwas wie Kultur entwickelt hat, da kann es nicht schaden, wenn man sich als historisch Interessierter auch damit befasst, zumal Überschneidungen zu Lieblingsthemen wie Wissenschaftsgeschichte durchaus vorhanden sind.

So kaufte ich neulich im Affekt eine Zeitschrift: National Geographic Special “Geheimbünde” (2/2018). Ich war interessiert, wie das Thema behandelt wird und hoffte auf neue Erkenntnisse und Quellen. Da ich auch eine gewisse Sammelleidenschaft hege und mein über Jahre gepflegtes konspirologisches Archiv immer noch hin und wieder bestücke, musste ich dieses Heft einfach haben.

Zeitschriftentitel

Eine Hochglanz-Enttäuschung auf ganzer Linie.

Die Artikel sind extrem kurz (der großzügige Zeilenabstand kaschiert das ein wenig), angereichert mit oft nichtssagenden oder sogar völlig zusammenhanglosen Stock-Bildern. Das Versprechen im Untertitel, dem Leser zu erklären “wie sie funktionieren und wirken”, wird nicht eingelöst. Dazu hätte es dann doch etwas mehr Text gebraucht.

Artikel über die Hongmen
Der einzige Geheimbund, der mir tatsächlich neu war. Der Typ rechts hat damit aber nichts zu tun. Das ist einfach irgendein Chinese.

Sachlich scheint alles wohl einigermaßen korrekt zu sein (hm … war der Deutsche Orden überhaupt ein Geheimbund? Geschenkt …), allerdings fehlen viele interessante Details, so dass ich das Heft nichtmal als Einstieg zu dem Thema empfehlen kann. Dafür ist es einfach zu nichtssagend. Unter vielen Artikeln habe ich aus einem angelesenen Reflex heraus den Hinweis aus der englischen Wikipedia vermisst: “This article is a stub”.

Dazu kommen einige Doppelseiten mit Landkarten und historischen Zeitleisten. Im Artikel “Nazi-Okkultismus” findet sich z. B. auf einer Doppelseite eine völlig themenfremde Karte zum Verlauf des zweiten Weltkrieges mit äußerst dürrem Informationsgehalt.

Die Karten zur Ausbreitung des Christentums und zum Europa der Kreuzzüge sind ganz informativ, aber etwas wirr gestaltet, mit so winzigen Infotexten, dass meine Lesebrille dafür nicht reicht. Die interessanten Inhalte muss man in diesem Heft buchstäblich mit der Lupe suchen.

Auch als Nachschlagewerk taugt es nicht, allein schon, weil das Inhaltsverzeichnis nur die drei Kapitel ausweist (Antike, Mittelalter bis frühe Neuzeit, Moderne), nicht aber die einzelnen Artikel. So ist es immer ein elendes Geblätter, wenn man einen Artikel nochmal raussuchen will. Quellenangaben und ein Namensregister fehlen natürlich auch.

Da hab ich mich wohl von dem guten Namen National Geographic blenden lassen; das eigentliche Magazin ist ja durchaus lesenswert. Ich hatte jedenfalls eher fundierte Artikel von namentlich genannten Fachautoren erwartet, im Stile von Spektrum Spezial oder Geo Epoche. Stattdessen ist das Niveau hier eher bei den “Wissens”-Sendungen des Privatfernsehens anzusiedeln.

Doppelseite Beispiel
Im Artikel über die Illuminaten wurde als Bebilderung das Pantheon in Rom gewählt – weil es ein Schauplatz von Dan Browns Thriller “Illuminati” ist! Historischer Bezug: Null.

Allenfalls als Verlegenheitskauf, wenn’s am Hauptbahnhof mal wieder länger dauert, oder als leichte Klo-Lektüre wäre das Heft akzeptabel – wenn es dafür nicht mit 9,50 € deutlich zu teuer wäre.

Fazit

Lieblos gemacht, intellektuell unterfordernd, zu teuer. Vielleicht habe ich die Marke National Geographic auch einfach überschätzt.

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